Ortsgeschichte Okriftel

Viele Bodenfunde aus der Jungsteinzeit beweisen, dass die Gemarkung Okriftel an der Mündung des Schwarzbachs in den Main schon vor ca. 6.000 Jahren ein bevorzugtes Siedlungsgebiet gewesen ist. Beide Gewässer wurden seit jeher als natürliche Verkehrswege genutzt und ihr Fischreichtum als willkommene Nahrungsquelle geschätzt. Zahlreiche Funde aus der Bronze- und Eisenzeit sowie die Entdeckung einer „villa rustica“ (Bauernhof) aus der Römerzeit und der 1954 bei Bauarbeiten gefundene merowingische Friedhof (500 n. Chr.) zeugen von einer ununterbrochenen Besiedlung des Ortes.

Ersterwähnung 1103

Die Entstehung des Ortes an der Auenterrasse des Mains wird im 3./4. Jahrhundert angenommen. In einer Schenkungsurkunde aus dem Jahr 1103 wird Okriftel zum ersten Mal schriftlich genannt. Walpurga aus „Acruftele“ hatte ihren Eigenbesitz, bestehend aus zwei Mühlen, einem Schiff und Ländereien, dem Kloster St. Jakob bei Mainz übertragen. Die im Jahr 1184 urkundlich erwähnte Kirche in Okriftel war bis 1313 gleichzeitig die Mutterkirche Hattersheims. Allerdings galt auch nach der Trennung der Kirchen eine Zehntverpflichtung Hattersheims an die Okrifteler Kirche. 1595 erfolgte die endgültige Loslösung der Hattersheimer Gemeinde.

Das Okrifteler Wappen

Einen silbernen Eichbaum mit goldenen Eicheln auf schwarzem Grund stellt das Okrifteler Wappen dar. Seit 1938 wird dieses Wappen geführt, obwohl es aufgrund eines Missverständisses entstanden war. Das als Vorlage des Wappens dienende Gerichtssiegel von 1712 hatte nämlich ein Monogramm mit sämtlichen Buchstaben des Ortsnamens. Daraus war gewollt oder ungewollt die Eiche geworden. Und weil die tausendjährige Eiche in Okriftel einst ein Prunkstück des Ortes war, setzten die Okrifteler ihren Willen durch und erreichten 1938 die offizielle Anerkennung dieses Wappens. In den Farben wählte man Schwarz und Silber, um damit eine Jahrhunderte dauernde Zugehörigkeit zu den Grafen von Isenburg-Büdingen zu dokumentieren.

[Quelle: R. A. Bölts, Geschichten zur Geschichte]

Isenburger Herrschaft

Eine einschneidende Veränderung für Okriftel stellte die Übernahme der Gerichtsbarkeit durch die Grafen von Isenburg im Jahr 1478 dar; 1560 übernahmen sie auch die Landesherrschaft. Die Dorfbewohner mussten 1545 den lutherischen und 1596 den calvinistischen Glauben ihrer Landesherren annehmen. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts blieb Okriftel eine überwiegend evangelische Gemeinde. Dies unterschied sie von Hattersheim. Dort waren die Einwohner schon bald nach der Reformationsbewegung zu Beginn des 17. Jahrhunderts wieder zum katholischen Glauben zurückgekehrt. 1817 hatten sich in Nassau die reformierten und lutherischen Glaubensgemeinschaften vereinigt. 1809 wurde auf Initiative des Mitglieds der Frankfurter Französisch-Reformierten-Gemeinde Jacob Du Fay in der Alten Mainstraße eine neue Kirche im klassizistischen Stil gebaut. Sie ersetzte den bescheidenen Vorgängerbau auf dem alten Kirchhof, auf dem heute das Ehrenmal steht. 1984 erhielt sie den Namen Matthäuskirche.

Mainfähre

Das Herrschaftsgebiet der Grafen von Isenburg lag südlich der Mainlinie. Damit die Isenburger ihren einzigen auf der anderen Mainseite gelegenen Besitz, die Ortschaft Okriftel, erreichen konnten, musste eine gut funktionierende Bootsverbindung geschaffen werden. Aber auch für die Okrifteler war der Fährverkehr in gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Hinsicht sehr wichtig, da die Kontakte zu den katholischen, kurmainzischen Nachbarorten stark eingeschränkt waren. Ab 1716 ist in Akten eine regelmäßige Fährverbindung nachgewiesen.

Wahrzeichen

Die Eiche ist das traditionelle Wahrzeichen von Okriftel. Bis 1929 hatte ein ca. 500 Jahre alt gewordener Eichbaum den Eingang zum alten Ortskern – am heutigen Dalles – geprägt. Das Ortswappen mit dem Eichbaum wurde der Gemeinde aber erst 1938 verliehen.

Gründerzeit

Bis ins 19. Jahrhundert war Okriftel, von kleinen Handwerksbetrieben abgesehen, eine landwirtschaftlich geprägte Gemeinde. An der Mündung des Schwarzbaches – der damals noch Goldbach hieß – hatte lediglich ab 1697 ein Mühlenbetrieb, die Bonnemühle, seinen Standort. Mit der Errichtung einer Fettfabrik durch Moses Haas und einer Seifenfabrik durch Marius Lang hielt auch in Okriftel 1873 das Industriezeitalter seinen Einzug. Von entscheidender Prägung des Ortes aber war 1885 die Gründung der Cellulosefabrik am Mainufer. Der Standort war gut gewählt, da die enormen Holzmengen, die zur Produktion gebraucht wurden, günstig mit Flößen und später durch Frachtkähne herbeigeschafft werden konnten. Bereits 1886 übernahm Philipp Offenheimer, der die Produktion stetig steigerte, das Werk. Um die Jahrhundertwende wurde die Papierherstellung und nach dem Ersten Weltkrieg die Spritproduktion eingeführt. 1910 beschäftigte die Fabrik 226 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Philipp Offenheimer galt als Förderer der Gemeinde. Er unterstützte den Bau des ersten Okrifteler Rathauses im Jahr 1930, das mit Bürgermeisterwohnung, Volksbad und Schwesternstation ausgestattet war. Der kleinen jüdischen Gemeinde hatte er auf seinem Firmengelände ein Gebäude als Schule und Beetsaal zur Verfügung gestellt. Im Jahr 1930 übernahm sein Sohn Ernst Offenheimer, nach dem Tod des Vaters, die Firma. 1933 musste er vor den aufkommenden Pogromen der Nationalsozialisten in die Vereinigten Staaten von Amerika emigrieren. Nach dem Zweiten Weltkrieg erwarb die Phrix AG, Hamburg, das Werk und baute es weiter aus. Gut 1.000 Personen arbeiteten 1961 in diesem Industriebetrieb. Zehn Jahre später kam für Okriftel das Ende der traditionsreichen Papierproduktion.

Foto ehemalige Cellulosefabrik Phrix Okriftel

Stadtteil Okriftel

Okriftel war nach dem Zweiten Weltkrieg zur Arbeiterwohnsitzgemeinde geworden. Sozialer Wohnungsbau, Neubauten von Kindergarten, Schule und Sportstätten veränderten das Bild der Ortschaft. 1972 schlossen sich Okriftel, Eddersheim und Hattersheim zur neuen Stadt Hattersheim am Main zusammen. In den späten 1970er und den 1980er Jahren entwickelte sich der Stadtteil Okriftel zu einem stetig wachsenden, beliebten Wohnort.

Weiterführende Informationen zur Geschichte der Stadtteile Hattersheim und Okriftel erhalten Sie in den Festschriften, die anlässlich der Ortsjubiläen 875 Jahre Hattersheim und 900 Jahre Okriftel erschienen sind. Sie können sie für je 10 Euro im Bürgerbüro Stadtpunkt käuflich erwerben.