Ortsgeschichte Hattersheim
Erstmals wird Hattersheim als „Heyderesheym“ in einer Urkunde des Erzbischofs Adalbert von Mainz erwähnt. Der Ortsname deutet aber auf eine frühere Gründung in fränkischer Zeit hin. Das erst jüngst am westlichen Ortsausgang gefundene Gräberfeld belegt, dass schon vor ca. 2.500 Jahren die Kelten hier ansässig waren. Verschiedene Landesherren, wie die Falkensteiner, Eppsteiner und Mainzer, übten bis zur Angliederung Hattersheims an das Herzogtum Nassau im Jahre 1806 ihre Hoheitsrechte aus. 1866 fiel Nassau – und damit auch Hattersheim – an Preußen.
Das Hattersheimer Wappen
Das Hattersheimer Wappen, der geteilte Schild mit dem roten Löwen und der silbernen Lilie, wurde erst ab 1954 entwickelt und 1963 offiziell von der hessischen Landesregierung anerkannt. Die Grundlage dieses Wappens ist das Siegel des Adeligen Rupert von Hattersheim, das auf einer Urkunde von 1248 überliefert ist. Weshalb Rupert diese Symbole in seinem Wappen führte, ist nicht bekannt. Der Löwe galt schon immer als Sinnbild herrscherlicher Kraft und wurde deshalb gern als Wappentier verwandt. Unter dem benachbarten hohen Adel führten ihn auch die Grafen Nassau. Die Lilie war im Mittelalter Sinnbild für Reinheit und Unschuld. Sie wurde daher zum Sinnbild der Muttergottes. Da die Jungfrau Maria zunächst Schutzpatronin der Hattersheimer Kirche war und sie deshalb auch in das alte Gerichtssiegel gesetzt wurde, kann die Lilie im Wappen diese historische Erinnerung mit einschließen.
St. Martinus
Die katholische Pfarrkirche St. Martinus liegt auf einer kleinen Erhebung mitten in der historischen Altstadt. Sie ist von 1913 bis 1915 erweitert worden. Dabei wurde die kleine barocke Vorgängerkirche von 1747 im Westen des Jugendstil-Neubaus integriert. Die Existenz eines früheren Gotteshauses ist seit 1313 belegt. In diesem Jahr hatte die Hattersheimer katholische Gemeinde eine Trennung von der Mutterkirche in Okriftel gefordert.
Mühlen
Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts spielten neben der Landwirtschaft die fünf Mühlenanlagen für Hattersheim eine bedeutende Rolle. Bereits 1219 werden die Altmünstermühle und die Cronberger Mühle urkundlich genannt. Die Engelsmühle, 1710 erbaut, war einst Hattersheims größter Arbeitgeber. Bereits 1770 wurde sie zur Ölmühle umgebaut und 1910 vom Verein Deutscher Ölfabriken übernommen. Dieser Betrieb beschäftigte 80 Arbeiterinnen und Arbeiter und erwirtschaftete 30 % des Gemeindesteueraufkommens. 1960 stellte der letzte Mühlenbetrieb, die Altmünstermühle, seine Produktion ein.
Alter Posthof
Eine herausragende Rolle erhielt Hattersheim durch seine Mittellage an der mittelalterlichen Geleitstraße Frankfurt – Mainz, die Teil der viel befahrenen Ost-West-Achse von Wien nach Brüssel war. Die Fürsten von Thurn und Taxis errichteten hier eine kaiserliche Reichspost-, Pferdewechsel- und Umsteigestation. Ende des 18. Jahrhunderts erlebte der Posthof seine Blütezeit. Bis ins 19. Jahrhundert galt er als eine der einträglichsten und bedeutendsten Poststationen auf dem Land.
Nassauer Hof
Hattersheim profitierte vom regen Durchgangsverkehr. Zwischen dem Untertor am Schwarzbach und dem Obertor an der Mainzer Landstraße reihten sich zeitweise bis zu acht Gastwirtschaften aneinander. Schmiede und Wagner hatten in Hattersheim alle Hände voll zu tun, da jährlich bis zu 72.000 durchziehende Pferde sowie die Wagen und Kutschen versorgt werden mussten. 1818 errichtete Carl Werle, Neffe des Posthalters Adam Werle, vor dem ehemaligen Obertor das damals vornehmste Gasthaus Hattersheims, den Nassauer Hof. Wohlhabende Reisende ritzten mit ihren Diamantringen ihre Namen in die Fensterscheiben der Gaststube. In dem schräg gegenüber vom Posthof gelegenen Anwesen wird nach der Sanierung, neben anderen öffentlichen Nutzungen, wieder ein Gasthaus seine Türen öffnen.
Eisenbahn und Industrialisierung
Der Bau der Taunus-Eisenbahn Frankfurt – Wiesbaden in den Jahren 1839/40 führte zu einer Verlagerung der Postbeförderung und des Reiseverkehrs auf die Schiene und bedeutete 1867 das Ende der Thurn-und-Taxis’schen Posthalterei. Der 1842 fertig gestellte Hattersheimer Bahnhof konnte durch die Industrialisierung der Rhein-Main-Region im ausgehenden 19. Jahrhundert eine rasante Aufwärtsentwicklung im Personen-, Güter- und Expressgutverkehr verzeichnen.
Schokoladenfabrik
Die Bahnanbindung Hattersheims und der weit verbreitete Zuckerrübenanbau in der Mainebene führten 1884 zur Gründung der Maingau Zuckerfabrik. Damit begann das industrielle Zeitalter in Hattersheim. Im Jahre 1922 erwarb die Otto & Quantz GmbH, die Lebensmittel und Schokolade vertrieb, die Fabrik. 1929 wurde sie von der Schokoladenfabrik Sarotti übernommen. Nach dem Zweiten Weltkrieg siedelten sich weitere bedeutende Industrieunternehmen an. Die Sarotti AG aber entwickelte sich zum wichtigsten Arbeitgeber der Gemeinde. 1960 war das Werk mit ca. 2.000 Beschäftigten das größte Unternehmen des Main-Taunus-Kreises. Der Arbeitskräftebedarf des Industrieunternehmens ließ die Hattersheimer Bevölkerung rasch ansteigen und gab in den 1960er Jahren den ersten Gastarbeitern in Hattersheim eine zweite Heimat. Neue Wohngebiete mit mehrgeschossigen Gebäuden mussten erschlossen werden, die das Bild der Gemeinde nachhaltig veränderten.
Stadtrechte
Am 11. September 1970 erhielt Hattersheim die Stadtrechte. 1972 erfolgte der Zusammenschluss mit den Gemeinden Eddersheim und Okriftel zur neuen Stadt Hattersheim am Main.